Ältere Erwachsene sind seltener als jüngere und Jugendliche von Cyber-Attacken betroffen. Doch die finanziellen Schäden durch Cyberangriffe sind bei Älteren erheblich höher. So verhält es sich zumindest im Vereinigten Königreich, wie Benjamin Havers, Doktorand in Kriminologie am University College London (UCL), in einer statistischen Untersuchung festgestellt hat. Allein zwischen April 2018 und März 2019 haben danach Erwachsene in England und Wales, die älter als 55 Jahre waren, umgerechnet mehr als vier Mio. Euro durch Cyber-Kriminalität – also internetbasierten Betrug einschließlich Hacking und Social Engineering – verloren. Darunter fallen alle Tricks, mit denen Menschen dazu gebracht werden, Geld, Wertgegenstände oder sensible Infos an Verbrecher weiterzugeben, wie die berüchtigten Schockanrufe – der aktuellen Variante des Evergreens “Enkeltrick“. Dabei wird suggeriert, dass nahe Verwandte in großen Schwierigkeiten stecken, die nur durch die Herausgabe von Wertsachen behoben werden können. Die Folgen solcher Einflussnahme können von Angstzuständen und Depressionen bis hin zum vollständigen Verlust von Rücklagen für das Alter reichen.
Die Datenbasis: Havers und seine Kollegen haben 35.069 Antworten von zufällig ausgewählten englischen und walisischen Erwachsenen ab 16 Jahren analysiert. Die Teilnehmer hatten zuvor angegeben, ob sie in den vergangenen zwölf Monaten einmal oder mehrmals Opfer von Cyber-Kriminalität geworden sind und ob dies zu finanziellen Verlusten geführt hat. Die UCL-Wissenschaftler haben die darauf folgenden Veränderungen der sensorischen, körperlichen, kognitiven und psychischen Gesundheit der Teilnehmer untersucht. Sie erfassten zudem soziodemografische Variablen wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und Beruf. Ihren Ergebnissen zufolge sind Menschen im Alter von über 75 Jahren am seltensten von Cyber-Kriminalität betroffen und Befragte zwischen 16 und 24 Jahren am häufigsten. Das Ergebnis hatten die Kriminologen erwartet, weil Jüngere das Web häufiger nutzen. Die Älteren berichteten jedoch häufiger von finanziellen Verlusten. Zudem vermuten die Forscher eine hohe Dunkelziffer, weil sich viele schämen, auf derartige Betrügereien reingefallen zu sein. Demografisch gesehen sind Männer und Nicht-Weiße häufiger Opfer von Cyber-Kriminalität als Frauen. Personen in leitenden Positionen berichten öfter von Cybercrime, ebenso wie Personen mit schlechterer Gesundheit.