In zwei Tagen sicher um die Welt: Am 13. und 14. Juni 2023 trafen sich zahlreiche Vertreter der Unternehmenssicherheit in Hamburg beim 8. Forum „Sicherheit im Ausland“ der SIMEDIA Akademie zum Austausch über Reisesicherheit. Auftakt nahm das Sicherheitsforum mit dem „geopolitischen Konflikt zwischen China und den USA und dessen Folgen für die globale Sicherheit und Wirtschaft“ und dem Vortrag des Referenten Prof. Dr. Heribert Dieter, Stiftung Wissenschaft und Politik. Er machte darauf aufmerksam, dass sich durch den Konflikt die gesamten globalen Wirtschaftsbeziehungen verändern.
Szenario Taiwan
Evakuierungsplan
Jan Gebauer, Konzern Krisenmanagement und internationale Koordination der Volkswagen AG stellte dar, wie sich ein Großunternehmen auf das Szenario Taiwan vorbereitet. Für den Fall einer Invasion Chinas wird ein Evakuierungsplan durch Regional Security Officer APAC in Zusammenarbeit mit lokaler Krisenstabsorganisation sowie Konzern Krisenmanagement erstellt. Möglichkeiten sind Luft- und Seeverkehr, wobei auch die Möglichkeit von Blockaden berüchtigt werden muss. FSE- (Functional Safety Engineer, Fachkraft für funktionale Sicherheit) und Familiendaten werden ständig aktualisiert und es wird Kontakt zur deutschen Industrie- und Handelskammer gehalten.
Reisesicherheit
Im Anschluss sprach Manuel Weser vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) über Vorbereitungen und Maßnahmen, die bei Reisen ihrer Mitarbeiter in totalitäre Staaten zu beachten sind. Laut den Analysen des Demokratieindex 2022 leben nur etwa 45,7 Prozent der Menschen weltweit in einer Demokratie. Basierend auf einer Analyse der Gefährdungslagen wird für Mitarbeiter in totalitären Staaten analysiert, wie eine holistische Sicherheitskultur verfolgt werden und ihre physische, psychische, digitale und rechtliche Sicherheit gegeben werden kann. Um die Darstellung von Präventionsmaßnahmen handelte es sich auch beim Vortrag von Thomas Jehmlich, KfW Bankengruppe. Lagebeobachtung und ein HRE-Plan (Hibernation, Relocation, Evacuation) erweist sich als hilfreich, um Evakuierungen zu vermeiden.
Klimawandel als globales Sicherheitsproblem
4-Grad-Temperaturanstieg
Zum Schluss der Vortragsreihe des ersten Tages appellierte Dr. Kira Vinke vom Zentrum für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik an die dringende Notwendigkeit eines Umdenkens, um das Erreichen des 4-Grad-Temperaturanstiegs zu vermeiden, denn das würde die Unbewohnbarkeit der Südhalbkugel bedeuten mit sicherheitspolitischen und -wirtschaftlichen Auswirkungen wie Ernteausfälle, Migrationswellen und Ausbruch bewaffneter Konflikte. Dabei ist die vererbte historische Verantwortung der Kohlenstoffschulden im Norden, vor allem in Europa und in den USA (mit 80 bis 100 Prozent), deutlich „höher als in den Ländern rund um den Äquator, welche von den Klimafolgen tendenziell stärker betroffen sind“.
Container im Meer
19.000 Standardcontainer
Bei der Barkassenfahrt am frühen Abend durch den Hamburger Hafen, bei der den Teilnehmern Wissenswertes rund um Containerschiffe und den Betrieb des digitalen Hafens vermittelt wurden, waren einige der Ursachen der globalen Krise bildlich greifbar. Containerschiffe von bis zu 400 Metern Länge und einer Kapazität von 19.000 Standardcontainern laufen in den Hamburger Hafen ein.
Bedenkliche Sicherheitsvorkehrungen
Seeschiffe transportieren rund 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs. Anker gelegt hatte in dieser Woche das weltgrößte Containerschiff, die „HMM Algeciras“ der südkoreanischen Reederei HMM. Der Frachter enthält Kapazität bis zu 23.964 Standardcontainer, ist rund 400 Meter lang und 61 Meter breit. Pro Stunde können im Hamburger Hafen 250 Container umgelegt werden, was bedeutet, dass ein Schiff maximal für die Dauer von 40 Stunden in Hamburg anlegt. Der Tiefgang ist begrenzt auf bis zu 13,10 Meter. Sicherheitsvorkehrungen an Deck sind bedenklich unwirksam: 2022 versanken etwa 1.600 Container im Meer – wobei die Dunkelziffer weitaus höher sein könnte.
Terroristische Bedrohungen
Flüchtlingskrise
Das Forum startete am zweiten Veranstaltungstag mit einem politischen Thema. David Zekhariafamil von der Polizei Bayern sprach über neue und alte terroristische Bedrohungen in einer geopolitischen Unordnung – Entwicklung, Dynamik und Ausbreitung des Terrorismus. Er schloss mit seiner Prognose, dass in Nigeria die nächste Flüchtlingskrise zu beobachten sein wird.
Krisenbewältigung
In dem Vortrag „Krisenbewältigung der Deutschen Telekom im In- und Ausland – Rückblick auf vergangene Ereignisse und Blick in die Zukunft“ von Jörg Schmitter und Laura Munkel der Deutsche Telekom T-Systems ging es um Maßnahmen hinsichtlich Gesundheitsgefahren, Menschen- und Völkerrechten, Naturkatastrophen, Wirtschaft und Gesellschaft sowie bei Sportveranstaltungen. Unter dem Motto „Vor der Lage sein“ werden Media Monitoring genutzt, diverse Lieferketten betrachtet, neue Themenfelder erschlossen und Digitalisierungskonzepte, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder Alarmierungs-Apps, genutzt.
Erfahrungsberichte
Wie im Falle einer Gefahrensituation gehandelt wird, veranschaulichten zwei Erfahrungsberichte:
Aneurysma-Vorfall
Sven Dawson von Rheinmetall stellte den Fall von „Mr. Doe“ vor, der bei einer Messe in Italien aufgrund eines Aneurysmas zusammenbrach und nach Einlieferung in das nächstgelegene Krankenhaus operiert werden musste. Schnell, vertraulich und professionell musste gehandelt werden. Die Tipps des Referenten lauteten: Koffer, Reiseutensilien und Kreditkarte griffbereit halten, auf ein eingespieltes Team zurückgreifen können und Tagebuch in Krisen- und Notfällen führen.
Cyberkriminalität
Ein Erfahrungsbericht von Volker Stapke, Siemens AG, führte lebensbedrohliche Gefahren der Cyberkriminalität vor Augen. So wurde im vergangenen Jahr ein Mitarbeiter bei einer Geschäftsreise in Michoacán, Mexiko, Opfer einer virtuellen Entführung mit großen psychischen Belastungen für ihn selbst und seine Familienangehörigen. Mexiko hat die höchste Rate virtueller Entführungen und Erpressungen in Lateinamerika und betroffen sind aus strafverfolgungsrechtlichen Gründen eher Einheimische als Ausländer. Häufig – wie auch in dem vorgestellten Fall – gehen die kriminellen Handlungen von Gefängnissen aus.
Diverses Denken
Diversitätskodex
Was internationales Sicherheitsrisikomanagement im Zusammenhang mit dem diversem Denken eines Arbeitgebers bedeutet, stellten Oliver Sudbrink und Lisa Waldheim von der GIZ Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit vor. Um den Diversitätskodex umzusetzen, gründete die GIZ verschiedene Interessenvertretungen, wie zum Beispiel eine Gleichstellungsbeauftragte, eine Gesamt-Schwerbehindertenvertretung, Inklusionsbeauftragte und Gender-Beauftragte/-Koordinierungskreis. Zudem gibt es für andere Diversitätsdimensionen Initiativen wie unter anderem die Diversity-Initiative oder das Regenbogen-Netzwerk.
Krisenstabsarbeit
Vom Thema Sicherheitsrisikomanagement ging es weiter zum Thema Krisenmanagement. Christopher Radler-Moric, Otto Group, präsentierte, wie er Krisenstabsarbeit sicher, ohne komplizierte Prozeduren, Applikationen, durchführt: schlicht und einfach per Teams.
DIN ISO 31030
Den Abschluss des Sicherheitsforums bildete der Vortrag von Dieter Zeller, Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR), vorm. Fresenius SE & Co. KGaA. Er gab Ratschläge, wie mit der DIN ISO 31030 Travel-Risk-Management-Konzepte entwickelt, umgesetzt, bewertet oder überprüft und somit Haftungsrisiken vermieden werden können.