Hochverfügbare elektrotechnische Infrastrukturen – ganz besonders im Bereich Kritische Infrastruktur (KRITIS) – sollen zuverlässig zur Verfügung stehen, egal ob vom Normalstrom oder vom Notstrom versorgt, um auch bei Ausfall der allgemeinen Versorgung einen geregelten Betrieb sicherzustellen. Dazu bedarf es innerhalb der Anlagen Schalt- und Steuergeräte, die keinesfalls passiv funktionieren, sondern auch mit Strom versorgt werden müssen. Damit stellt diese Stromversorgung zur Steuerung bzw. Aktivierung der Notversorgung eine besondere Herausforderung dar, wie sich auch immer wieder bei Funktions- und Härtetests zeigt.
Die augenscheinlichste Komponente, die hierfür mit Notstrom zu versorgen ist, ist die Steuerung, die das Einschalten des Generators initiiert. Der Generator soll bei Ausfall der Allgemeinversorgung aktiviert werden, es ist offenkundig, dass die entsprechende Steuerung zu funktionieren hat, wenn die Allgemeinversorgung ausgefallen ist. Genau dann wird sie gebraucht. Da dieser Zusammenhang sehr augenscheinlich ist, erlebt man hier bei Inbetriebnahme und Härtetests weniger Überraschungen. Diese Versorgung ist meist recht robust hergestellt.
Etwas diffiziler wird es, wenn man sich in profanere Ebenen begibt, zum Beispiel in die Ebene der Schaltanlagen. Sollen Notstromversorgungen automatisch auf Versorgungsnetze geschaltet werden, wird dies meist mit sogenannten Leistungsschaltern realisiert. Bei vielen entsprechenden Lösungen gibt es zwei Leistungsschalter, die alternativ zugeschaltet werden: einmal für die reguläre Allgemeinversorgung vom Transformator und alternativ für die Netzersatzversorgung von einem Generator. Untereinander müssen diese Schalter gewissen Abhängigkeiten folgen, es muss zum Beispiel vermieden werden, dass im Notbetrieb der Trafoschalter eingeschaltet ist, damit der aktive Generator nicht in das vorgelagerte Netz zurückspeist. Andererseits muss im Trafobetrieb wirksam verhindert werden, dass die Netzersatzanlage zugeschaltet wird, damit kein unkontrolliertes Zusammenschalten zweier nicht synchroner Netze geschieht. Jedoch ist auch ein Parallelbetrieb von Generator und Transformator möglich, beispielsweise dann, wenn innerhalb von Probeläufen der Generator parallel auf das Netz geschaltet wird oder im Zuge einer Netzwiederkehr eine unterbrechungsfreie Übergabe von Generatorbetrieb auf Normalbetrieb erfolgt.
Aus dieser Betrachtung lässt sich erkennen, dass die beiden genannten Schalter unabhängig von der Stromversorgungssituation sicher funktionieren müssen. Für diese sichere Funktion benötigen die Schalter natürlich auch eine Stromversorgung. Hier sollte man sich also vertieft Gedanken machen, wie diese Stromversorgung gewährleistet wird, denn hier einfach auf die Stromversorgung des Trafos oder Generators zu setzen, die auch durch diese Schalter geschaltet werden soll, wäre ein wenig zu kurz gedacht. Denn dann bestünde die Gefahr, dass einzelne Betriebssituationen nicht zuverlässig abgesichert werden können.
“Planerisches Zu-Ende-Denken lässt eigentlich keinen anderen Weg zu.”
Gerade im Bereich der Rechenzentren kommen findige Planer daher auf die Idee, die Notstromversorgung an die produktive USV (unterbrechungsfreie Stromversorgung) zu schalten, die auch die Serverlandschaft versorgt. Auch dies ist nicht ganz zu Ende gedacht, denn einerseits können so Rückwirkungen von haustechnischen Systemen in die IT-Systeme nicht ausgeschlossen werden. Andererseits gibt es durchaus insbesondere bei redundanten Anlagen Betriebszustände, bei denen sich die IT-USV in Wartung oder Abschaltung befindet. In einem solchen Fall wäre eine Versorgung der Leistungsschalter nicht mehr sichergestellt. Sie könnten dann nicht mehr betätigt werden.
Lösungsvorschlag
Eine bessere Lösung wäre hier der Aufbau einer eigenen Stromversorgung. Dies hört sich zunächst aufwendiger an als es ist. Denn solch ein Konzept lässt sich auf befriedigende Weise durch eine kleine USV realisieren, die nur den Bereich der Hilfsspannung der Schaltanlagen versorgt. Eine solche Versorgung hätte dann noch den Vorteil, dass auch die in modernen Schaltanlagen allgegenwärtigen Multifunktionsmessgeräte von ihr versorgt werden könnten. Die Praxis zeigt nämlich, dass auch solche Geräte häufig nachrangig behandelt werden. Dann ergibt sich zum Beispiel bei Abschaltung einer Trafoversorgung auch der Ausfall des entsprechenden Messgerätes. Das alternative Messgerät, das den Strom der Generatoreinspeisung überwacht, wird dann zwar aktiviert. Es braucht jedoch am Anfang ein paar Sekunden, um selbst betriebsfähig zu sein. Somit lassen sich mit einem solchen System Umschaltprozesse nicht lückenlos darstellen. Dies wäre aber insbesondere vor dem Hintergrund eines ganzheitlichen Energiemanagementsystems wünschenswert.
Es spricht also einiges dafür, Schaltanlagen wie beschrieben mit eigenen kleinen Notstromeinheiten zu versorgen, um dem Anspruch der Hochverfügbarkeit gerecht zu werden. Planerisches Zu-Ende-Denken lässt eigentlich keinen anderen Weg zu , denn nur so kann in allen denkbaren Betriebszuständen sichergestellt sein, dass wichtige Elemente der Stromversorgung funktionieren.