Die Form ihres des Protestes der sogenannten Letzten Generation ist so kontraproduktiv wie nicht hinnehmbar, meint Bernd Zimmermann.
Jesus hat den Verkehr nicht aufgehalten …
Ich teile die Meinung des WWF-Vorstandes Christoph Heinrich, der die Aktionen der letzten Generation für kontraproduktiv hält. Wohlgemerkt, der WWF ist eine Umweltschutzorganisation. Dieser Vorstand soll die Sorge geäußert haben, dass Klimaschutz „im Bewusstsein der Bevölkerung nur noch als Anliegen von Extremisten wahrgenommen werden könnte“ (zitiert nach Spiegel online).
Die Aktivisten argumentieren, ihre drastischen Aktionen seien nötig, um aufzurütteln und die nötige Aufmerksamkeit zu erzielen. Dieses Argument halte ich für an den Haaren herbeigezogen: Bei wem soll denn heute noch Aufmerksamkeit für die Klimakatastrophe erregt werden? Bei Trump- oder AfD-Anhängern, bei denen Hopfen und Malz ohnehin verloren ist und die garantiert nicht dazu in der Lage wären, die Klimakatastrophe aufzuhalten? Spätestens seit der Ahrflut weiß doch in Deutschland jedes Kind, was die Stunde geschlagen hat. Und die Politik reagiert nachweislich darauf – und kann auch nicht anders als darauf zu reagieren, will sie keine Wähler verlieren: Gerade erst letzte Woche hat Wirtschaftsminister Habeck die neuesten Gesetze in Sachen Klimaschutz persönlich vorgestellt: das Gebäudeenergiegesetz, das Energieeffizienzgesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Gesetz der kommunalen Wärmeplanung. Allein das Gebäudeenergiegesetz bringt Millionen von Hausbesitzern um den Schlaf, weil sie nicht wissen, wie sie die nötigen Investitionen stemmen sollen. Sich auf die Straße zu kleben und zu behaupten, die Politik sei untätig … was für ein Wahnsinn.
Bei allem Verständnis, dass ich aufzubringen versuche, komme ich immer wieder zu dem Schluss, dass die Argumentationen und Aktionen der Letzten Generation nicht nur an Wahnsinn grenzen, sondern tatsächlich widersinniger Wahnsinn sind:
- Bäume absägen, um auf Waldrodung aufmerksam zu machen
- Lebensmittel auf die Fahrbahn werfen, um gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln zu protestieren
- Veranstaltungen (z. B. Fußballspiele oder Konzerte) stören
- Kunstgegenstände und Kulturobjekte beschädigen oder beschmutzen
Ebenso gut könnte man Frauen vergewaltigen und Kinder schänden, um gegen Frauenunterdrückung und Pädophilie zu demonstrieren. Es will mir nicht gelingen, dieser Logik zu folgen. Vor allem sollte man sich vorbildlich verhalten und nicht Langstreckenflüge buchen – auch nicht privat -, wenn man sich außerdem noch auf die Straße kleben will. Kann es dafür ein anderes Wort geben als Heuchelei?
In Kombination mit Ultimaten, gerade erst wieder in Berlin geschehen, nennt man das Vorgehen der Letzten Generation auf Deutsch wohl Erpressung. Nackte Gewalt – und nichts anderes ist es, wenn man eine Stadt wie Berlin lahmlegen will – sollte weiter den Diktatoren dieser Welt vorbehalten sein. Da nutzt auch der Verweis auf das Grundgesetz, das Widerstand unter bestimmten Bedingungen (gegen Unterdrückung) erlaubt, oder auf die Segnungen des zivilen Ungehorsams nichts. Schließlich lehne ich die Forderung der Aktivisten nach Einsetzung eines „Gesellschaftsrates“ aus gelosten Bürgern ab. Demokratie als die ultimative Lotterie, geht’s noch?
Letztendlich bewirken die Aktivisten nichts anderes, als sich den Unmut der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung zuzuziehen. Dümmer geht’s ja nicht. Die letzte Generation – aus meiner Sicht eine tragische Generation, die ihre Energien damit verschwendet, das Gegenteil Ihres Zieles zu bewirken. Und dabei sehen sie sich offenbar noch als Märtyrer, die Haftstrafen provozieren und zelebrieren. Wer unbedingt Opferkult betreiben will, soll sich einmal ein Beispiel an Jesus nehmen: Der hat sich ans Kreuz schlagen lassen, ohne den Verkehr aufzuhalten. Und er war extrem erfolgreich, was die wachsende Anzahl seiner Anhänger anging.