Liebe Leserinnen und Leser,
es gibt zwei Monopole in Deutschland, bei denen darüber nachzudenken wäre, ob sie nicht die Rechtsstaatlichkeit gefährden: Das eine ist die Veröffentlichung aller Bundesgesetze, Verordnungen und Erlasse etc. im Bundesgesetzblatt. Das zweite ärgerliche Monopol hält der Beuth-Verlag, der die Urheberrechte an allen DIN- und EN-Normen besitzt und prohibitive Preise für jeden Druck verlangt.
Die heutzutage im Bundesgesetzblatt publizierten Texte erschienen bis 2006 im seinerzeit dem Bund gehörenden Bundesanzeiger Verlag, der seit 2006 im Zuge der Privatisierungswelle staatlicher Aufgaben an den Du Mont Verlag in Köln ging. Zwar kann man die Gesetze dort lesen (kostenfrei), aber man darf mit ihnen nicht arbeiten, indem man in ihnen recherchiert, nach Begriffen sucht etc. (wenn es auch im Internet dennoch möglich ist, allerdings unerlaubter Weise). Man darf also nur gegen Gebühr das tun, was man mit einem Gesetz macht: sich z. B. für die Arbeit eine Kopie oder einen Auszug ausdrucken, um das Gesetz im Unternehmen in seinen individuellen Auswirkungen umzusetzen. Die Gebühren dafür sind bei Bedarf ganz schön hoch. Klar hat der Verlag Recht, wenn er gegen die unerlaubte Beschaffung der Texte angeht. Schließlich hat er irgendwann einmal eine (nicht öffentlich gemachte) Summe (in einem etwas undurchsichtigen Verkaufsverfahren) an den Bund bezahlt.
Bislang werden nur von wenigen Bundesländern deren amtlichen Veröffentlichungen über das Internet frei zugänglich gemacht. Das will die amtierende Bundesjustizministerin Barley jetzt ändern. Sie will bis 2022 eine Grundgesetzänderung erreichen, dass die Veröffentlichung nicht mehr allein im Bundesanzeiger erfolgt, sondern frei zugänglich im Internet. Leider wird sie als Spitzenkandidatin der SPD ins EU-Parlament entsorgt.
Inzwischen gibt es eine Initiative „Offene Gesetze“. Sie hat eigenmächtig (und wohl nicht ganz legal) alle bislang gültigen Gesetze und Verordnungen des Bundes unter „https://offenegesetze.de“ gebührenfrei ins Netz gestellt. Der Sicherheits-Berater ist gespannt, wie das ausgeht und ob im zweiten Schritt auch alle Normen, die quasi-gesetzliche Wirkung haben, auch öffentlich gemacht werden. Die Monopolisten werden um ihre sicheren und stark überhöhten Gebührenstrukturen kämpfen und wohl bis zum Verfassungsgericht kämpfen müssen.
Damit zum zweiten eingangs genannten Monopol des Beuth Verlages: Nur Normen, die in amtlichen Anforderungen als Handlungsgrundlage für Betroffene genannt werden (wie die DIN 4102 im Baugenehmigungsverfahren), verlieren den Urheberrechtsschutz dieses Verlages. Schließlich müssen Normen dieser Art auch barrierefrei zugänglich sein. Dies wurde von Klägern so erstritten. Alle anderen Normen müssen auch hier für teuer Geld erstanden werden. Da zieht auch das Argument, der Beuth Verlag finanziere ja sozusagen das deutsche Normwesen, nicht mehr. Wer in den Normausschüssen mitarbeiten will, trägt alle Kosten (z. B. Fahrt-, Übernachtungs-, Verdienstausfallkosten) selbst – während der Verlag davon profitiert.