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Romeo und Julia im Bonn des Kalten Krieges

Stadtführung

Es war Samstag, der 28. September, es herrschte noch recht angenehmes Wetter. Was also könnte da schöner sein, als die Teilnahme an der von dem überregional tätigen Unternehmen guiders mit Sitz in Wiesbaden angebotenen „Stadtführung durch Bonn – Auf den Spuren von KGB, Stasi und Co.“? Eben.

Wer gewann den „Krieg der Spione“? Und wie?

Die knapp 20-köpfige Gruppe, die sich dafür am Startpunkt Museum König versammelt hatte, war erfreulich divers nach Geschlechtern und Lebensalter. Geeint aber von einem vergleichbaren Erkenntnisinteresse beziehungsweise Neugier auf die Vorgänge in der damaligen Hauptstadt Bonn zu Zeiten des Eisernen Vorhangs, des kalten Krieges und des Kriegs der Geheimdienste und Spione. Die katholische Kirche hat erstaunlicherweise keinen Schutzheiligen für Spione bestellt. Eventuell wäre daher Severus von Ravenna, Schutzpatron der Polizisten auch hier zuständig. Schnell aber lernten die Teilnehmer die zentrale Rolle der (vermeintlichen) Liebe für die heiße Phase der Spionage in der jungen Republik kennen – was ins Ressort von Valentin von Terni fallen dürfte, Schutzheiliger der Liebenden: „Lassen Sie sich zurück versetzen in die Zeit, in der Bonn ein Tummelplatz für Spione war. Wir wollen eindringen, in die Welt der Agenten, der Geldgier, der Überzeugungstäter, der Leidenschaft, der Liebesfallen, der Romeos und ihren Julias…“ Das kam so von unserem Führer Jan Feierabend, der sich schnell als ebenso kenntnisreich wie auch geschickt darin erwies, den Eindruck eines Dialogs statt Frontalunterricht entstehen zu lassen. Er war tatsächlich interessiert an Rückmeldungen, Ergänzungen oder Nachfragen von Teilnehmern an diesem alternativen Stadtrundgang. Überdies bewies er beträchtliches akustisches Durchsetzungsvermögen. Denn sämtliche besuchten Points of Interests liegen direkt an der Bundesstraße 9 und sind insofern permanent von Verkehrslärm geflutet.

Eine wichtige Voraussetzung für alle Inhalte der Führung, die heute zumindest nicht mehr jedem Schulkind selbstverständlich ist: Bonn war nach dem Ende des zweiten Weltkriegs Regierungssitz und Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Hier lag das Macht- und Entscheidungszentrum eines der beiden deutschen Staaten, die gegensätzlichen Gesellschafts- und Bündnissystemen angehörten und sich gegenseitig als Feinde misstrauten. Wir lernen: „Im Ostblock herrschte unter den Geheimdiensten Arbeitsteilung. Für die Auslandsspionage in der Bundesrepublik Deutschland war das „Ministerium für Staatssicherheit“ (MfS) der DDR zuständig. Hier gab es eine besondere Organisationseinheit, die „Hauptabteilung Aufklärung“ (HVA). Sie beschäftigte sich mit der Auslandsspionage und der Spionageabwehr. Und so schickte die HVA ihre Spione, oder wie sie im DDR-Sprachgebrauch genannt wurden, ihre „Kundschafter des Friedens“, vor allem nach Bonn.“

Ein Exkurs beleuchtete nun, wie die kleine Universitätsstadt am Rhein überhaupt Bundeshauptstadt wurde – mit welchen Argumenten und gegen welche Konkurrenz. Den Zuschlag erhielt jedenfalls Bonn, und wurde somit bis zur Wende zum Zentrum des Interesses für laut Historikern über 20.000 MfS-Agenten!

Woher weiß man eigentlich davon? „Ende 1989 bis Anfang 1990 hatten die Mitarbeiter des MfS einen geheimen Auftrag zu erledigen. Sie sollten die Akten der Auslandspionage vernichten. Keine Operationen der Spione sollten ans Licht kommen, keiner der „Kundschafter des Friedens“ sollte enttarnt und verurteilt werden. Eine Sicherungskopie der Daten wurde 1990 mit Genehmigung des Bürgerkomitees zur Auflösung des MfS vernichtet. Doch es gab noch eine weitere Ausgabe der Dateien. Diese wollte die Führung der HVA aufbewahren. Und sie meinten, dass das explosive Material nur in der Sowjetunion sicher wäre. Doch just darin irrten sie gewaltig. Denn die KGB-Offiziere verkauften die aus 381 CD-ROMs bestehende Sammlung an den amerikanischen Geheimdienst CIA.“ 2003 wurden diese Daten inklusive persönlicher Angaben zu Mitarbeitern und Informanten der HVA in der Bundesrepublik an das Bundesamt für Verfassungsschutz übergeben.

Weiteres Licht ins Dunkel brachte der Spezialist für die Wiederherstellung gelöschter Daten, Stephan Konopatzky, dem 1998 gelungen war, verloren geglaubte Dateien von „SIRA“ (System zur Informations- Recherche der HVA) wieder lesbar zu machen .

SIBd 10/24
©Marisa04 – pixabay.com

Beim Bundeskanzleramt wartet das Adenauer-Denkmal auf uns. Konrad Adenauer war am 14.08.1949 zum ersten Bundeskanzler gewählt worden und er bestimmte das ebenfalls von uns (von außen) besuchte Palais Schaumburg zum Amtssitz des Bundeskanzlers. Wo die Richtlinien nicht nur der Ostpolitik diskutiert und festgelegt wurden, das musste auch der Kernpunkt des Interesses der DDR-Spionage sein. Wie aber hineingelangen ins Kanzleramt? „Die HVA unter der Führung von Markus Wolf setzte besonders auf die Anwerbung weiblicher Spitzel. Auf Sekretärinnen und Mitarbeiterinnen, die Zugang zu geheimen und brisanten Informationen hatten. Dabei bediente man sich der sogenannten Romeos, attraktiven Agenten, die ihre Julias ansprachen, verführten und dann zur Spitzeltätigkeit überredeten. Dieses Mittels bedienten sich zwar auch andere Geheimdienste, doch die HVA hat es in Bonn perfektioniert.“

SIBd 10/24
Bildquelle: Bundesstadt Bonn

Viel mehr soll an dieser Stelle auch gar nicht verraten und stattdessen zum eigenen Besuch einer solchen Führung geraten werden, die uns natürlich auch noch zum Auswärtigen Amt geleitete. Nur so viel: Es ging noch heiß her am Rhein in jenen Jahren. Und zumindest bis zum Mauerfall gab es auch einen ganz eindeutigen Gewinner bei diesem „Krieg der Spione“…

Zum Anbieter dieser und vieler anderer Stadtführungen: Guiders.de

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