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Buchtipp

Der Otto

Ausgabe 24/2022 |
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Ausgabe 24/2022
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Karl-Heinz Otto: Vagabundierende Rückleiterströme auf dem Erdungssystem
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt 2022,
ISBN: 9783756237036, 288 gebundene Seiten, 59,99 Euro

Dies ist keine übliche Buchbesprechung, keine Rezension im eigentlichen Sinne. Es ist mehr eine subjektive, emotionale und damit möglicherweise nicht allgemeingültige Betrachtung zu einem Buch, dass nicht so recht in irgendeine Schublade passen will. Wobei hier die Schublade als rhetorisches Mittel zu sehen ist und nicht als wirkliche physische Schublade in einem Möbelstück, denn da gehört das Buch beim besten Willen nicht hin.

Viele, die das Buch „Vagabundierende Rückleiterströme auf dem Erdungssystem“ in die Hände bekommen, kennen den Autor sicher persönlich. Karl-Heinz Otto ist der bunte Hund der EMV-Szene, niemand anderes verkörpert das Thema TN-S-Netz so massiv, authentisch und glaubwürdig wie er. Und den Autor zu kennen ist zweifellos ein Vorteil, wenn man das Buch in die Hand nimmt. Was aber nun nicht heißen soll, dass das Buch für andere weniger empfehlenswert ist.

Wer ihn jemals erleben durfte wird bestätigen, dass sich Otto, wenn er zu einer Begutachtung oder Analyse gerufen wird, nicht groß mit Small Talk oder Um-den-heißen-Brei-Herumreden aufhält, sondern dass es sofort zur Sache geht: Üblicherweise rollt Otto zuerst sein berühmtes Poster aus und erklärt engagiert die größten Fehler und die schlimmsten Vergehen beim Thema EMV (elektromagnetische Verträglichkeit). Mag sein, dass der Kunde gar nicht danach gefragt hat und auch kein augenscheinliches Problem mit dem Thema hat – oder ihm zumindest ein solches nicht bewusst ist. Otto geht jedoch aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung davon aus, dass jedes Bestandsgebäude und jede bauliche Anlage entsprechende Mängel hat – und damit hat er leider weit überwiegend Recht.

Genau so beginnt das Buch: Die erste Seite zeigt die Kern-Darstellung des prominenten Posters. Bereits hier wird klar, dass Leser jenseits der 45 (einschließlich dem Autor dieses Beitrages) nun besser die Lesebrille herausholen sollten, denn das pixelgenaue und formattreue Darstellen von Grafiken ist Ottos Steckenpferd wohl nicht. Viele Illustrationen und Bilder sind leider zu klein skaliert und die Texte entsprechend manchmal nicht gut lesbar. Das ist ein wenig schade und schränkt die Mission, die Otto offenkundig mit diesem Buch verfolgt, ein wenig ein.

Was aber machen wir mit dem Buch? Otto selbst schreibt, dass das Buch zu Ausbildungszwecken dienen soll. Für mich stelle ich je-doch fest, dass dieses Buch

  • kein klassisches Sachbuch ist, dafür fehlt ihm eine hierarchische Struktur und eine klare Themensortierung,
  • kein reines Werkzeug in der Ausbildung ist, dafür fehlt aus meiner Sicht ein wenig das didaktische Konzept,
  • sicherlich keine Biographie ist, dafür ist es zu technisch,
  • kein Nachschlagewerk ist, dazu fehlt ein leistungsfähiges Stichwortverzeichnis.

Was ist dieses Buch also? Etwa ein bisschen von allem? Prinzipiell ja, die Antwort aber ist viel einfacher: Es ist „der Otto“. Im Ver-gleich: Kennen Sie das „Vollständige orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache“? Nein? Aber Sie kennen den Duden! Und der Mediziner kennt nicht unbedingt das „Klinische Wörterbuch“. Aber er kennt den Pschyrembel! So funktioniert der Otto.

Besprechen wir nun doch noch kurz den Inhalt: Auf 288 Seiten sind 54 (nennen wir es mal) Einzelepisoden zusammengetragen, die jede für sich kurzweilig und lesenswert sind. Über die Reihenfolge hat sich der Autor sicherlich Gedanken gemacht, nur leider gelingt es mir nicht so ganz, hier den roten Faden nachzuvollziehen. Ein wenig ist es aber doch meist als Fließtext zu lesen und die einzelnen Episoden gehen ineinander über, auch wenn die Überschriften möglicherweise etwas anderes suggerieren. So wird das Suchen nach einem bestimmten Thema letztendlich zu einem Schmökern, zu dem man leider nicht immer die notwendige Zeit hat, was aber zweifellos Freude bereitet. Apropos Freude bereiten: Es gibt viele Textstellen, bei denen man sich wirklich vorstellen muss, dass der Autor vor einem steht und einem das Geschriebene erklärt. Dann erkennt man oft das Augenzwinkern eines Rheinländers.

Ein Beispiel: „Erdung ist die Gesamtheit aller Mittel und Maßnahmen zum Erden, die einen guten Kontakt zur Erde haben und mit dieser eine elektrische Verbindung eingehen. Die Betonung liegt auf dem Wort ‚Dung‘“. Diese Passage findet man auf Seite 125. Wer sich das jetzt immer noch nicht merkt … Ich habe herzlich gelacht!

Doch wie glaubwürdig sind die vielen Aussagen des Werkes eigentlich? Bei Karl-Heinz Otto hat man nie den Eindruck, dass er sich Botschaften einzelner Hersteller oder Lösungsanbieter zu eigen macht und sie zitiert, er formuliert seine eigenen Botschaften. Und in diesen Botschaften kommen durchaus Aussagen über Hersteller vor, gute wie schlechte. Man hat entsprechend nie das Gefühl, dass bestimmte Nennungen aus einer Nähe oder gar einer Abhängigkeit heraus resultieren, das Gegenteil ist der Fall. Im Grunde ist es wie mit der Bildzeitung und Politikern. Seit Christian Wulff wissen wir, dass jeder, der mit der Bildzeitung den Fahrstuhl hochfährt, auch damit rechnen muss, wieder nach unten zu fahren. So lobt Otto begrüßenswerte Lösungen genauso faktenbasiert, wie er untaugliche Produkte kritisiert.

Meine persönliche Quintessenz lautet, dass ich froh bin über das Werk und dass ich das Buch als seriöse, glaubwürdige Quelle für Zitate und Inspiration für eigene Überlegungen nutzen werde. Ich würde mir für die nächste Auflage ein Stichwortverzeichnis wünschen und zur Nachvollziehbarkeit der einzelnen Internetadressen zeitgemäße Mittel, wie zum Beispiel QR-Codes. Alles in allem hat das Buch aber das Zeug zum Standardwerk, eben der Otto.

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