Liebe Leserinnen und Leser,
Risikoanalysen muss es nicht nur geben – sie müssen auch zur Kenntnis genommen werden. So lautet eine wichtige Botschaft aus dem „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2020 bis 2022“ des Deutschen Bundestages.
Der Deutsche Bundestag hat mit der Drucksache 20/6300 ein Dokument vorgelegt (www.bundestag.de, Kurzlink https://bit.ly/3qgRsL4), das sich einerseits als Hinweisgeber für funktionierendes Krisen- und Katastrophenmanagement versteht, andererseits gut und gern auch den Untertitel „Bitte unbedingt lesen!“ tragen könnte.
Fachlich widmet sich diese aktuelle Risikoanalyse der Flut, Corona und dem Ukrainekrieg – drei krisenhaften Ereignissen von nationaler Tragweite also. Nicht ganz uninteressant ist der Hinweis, dass es sich bei der Analyse keineswegs um einen Selbstzweck handele: Die Kenntnisnahme böte tatsächlich einen Mehrwert. Ich werde die als Sicherheitsberater tätigen Redaktionskollegen einmal fragen, ob sich in ihren Gutachten folgender Satz findet: „Unsere Risikoanalysen bringt Ihnen nur dann einen Nutzen, wenn sie sie auch lesen.“
Kurzum, die bisherigen Risikoanalysen des Deutschen Bundestages fanden schlicht und ergreifend im politischen Raum zu wenig Beachtung. Man will die Analysen künftig adressatengerechter aufbereiten. Dazu soll unter anderem auch die Erstellung einer zusammenfassenden Einleitung gehören. Augenzwinkermodus: Vielleicht fragen die Autoren einmal bei den Machern der Sendung mit der Maus an – die können komplexe Zusammenhänge sehr gut verständlich und interessant rüberbringen. Kapitel 3 der Drucksache hebt hervor, dass sich effektives Risiko- und Krisenmanagement zum Schutz der Bevölkerung nur als Gemeinschaftsaufgabe verwirklichen lässt. Kapitel 4 befasst sich mit der Entwicklung von Resilienzzielen auf nationaler und internationaler Ebene. Kapitel 5 schließlich behandelt die zukünftige inhaltliche Ausrichtung der Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz auf das Thema Zivilschutz.
Die nächste Risikoanalyse wird sich mit dem Szenario einer militärischen Bedrohung befassen. Der Bundestag wirbt jedoch explizit dafür, auch einmal die letzten Risikoanalysen nachzuschlagen: Im Jahr 2012 sei es z. B. um eine Viruspandemie gegangen. Diese Analyse von damals habe tatsächlich erstaunliche Parallelen zum tatsächlichen Pandemieverlauf mit COVID-19 aufgezeigt. Angeboten zur Lektüre werden unter anderem auch der Wintersturm (2013), die Sturmflut (2014), die Freisetzung radioaktiver Stoffe aus einem Kernkraftwerk (2015) die Dürre (2018) und das Erdbeben (2019).
Kurzum, was der Bundestag empfiehlt, nämlich Risikoanalysen auch zur Kenntnis zu nehmen und für eine Verbesserung der Vorsorge zu nutzen, das will auch ich empfehlen. Und nein, in den Gutachten der Kollegen Sicherheitsberater finden sich nirgendwo Warnhinweise, dass das unterlassene Lesen von Risikoanalysen Nebenwirkungen zeitigt. Wohl aber gibt es hin und wieder Tipps, wie man Awareness bei den Betroffenen schafft. Aber das ist ein anderes Thema.