Liebe Leserinnen und Leser,
es gibt zwei Arten von Zeitgenossen, die sich in der Coronakrise unrühmlich als Sicherheitsrisiko profilieren. Die Rede ist von Dummköpfen und Delinquenten. Die einen können es nicht besser, die anderen wollen es nicht besser.
Als Dummköpfe bezeichne ich diejenigen, die die Gefahr von Corona einfach nicht erkennen können – ganz unabhängig von deren IQ. Eines dieser Exemplare beobachtete ich kürzlich in einem DB-Zug: Der Mann umklammerte mit beiden Händen eine Haltestange. Sanft schmiegte sich seine linke Wange an das kalte Metall. Der Hautkontakt mit hochwahrscheinlich kontaminiertem Material schien ihm noch nicht riskant genug zu sein: Er knabberte zudem unbekümmert an seinen Fingernägeln. Was soll man dazu sagen? Ich vermute, es gibt bis zu zwanzig Prozent Zeitgenossen mit einer defizitären Fähigkeit, Gefahren wahrzunehmen. Die können sich einfach nicht vorstellen, dass so ein unsichtbares Virus via Husten auf einer Haltestange landet und dort nur darauf wartet, auf jemanden zu treffen, der bereitwillig seine Schleimhäute auf Empfang stellt. Solchen Menschen fehlt jegliches Bewusstsein dafür, dass sie brandgefährlich sein können, obwohl sie selbst doch komplett beschwerdefrei sind und sich blendend fühlen.
Jeder Sicherheitsverantwortliche kennt Personen, denen sich die Sinnhaftigkeit von Sicherheitsmaßnahmen einfach nicht erschließen will. Dennoch sollten Sicherheitsverantwortliche sich stets neu diesem zweibeinigen Restrisiko stellen: Wenn Verbote nichts bringen, wirkt vielleicht Aufklärung. Wenn Aufklärung nicht funktioniert, führen vielleicht Belohnungssysteme zum Ziel. Wenn Belohnung für sicheres Verhalten keine Erfolge zeitigt, sind vielleicht Strafandrohungen und Abmahnungen das letzte Mittel der Wahl. Bei Corona sollte man sich nicht zu schnell entmutigen lassen und die ganze Klaviatur der Präventionsoptionen nutzen. Hier ist selbst die Methode Versuch und Irrtum, angewandt in überschaubaren Zeiteinheiten, opportun.
Nun zu den Delinquenten: Wir könnten mittlerweile ein ganzes Heft füllen mit Beispielen, wie vielfältig und widerlich-kreativ Übeltäter die Coronakrise für ihre kriminellen Machenschaften nutzen. Sie ergänzen das Coronavirus um Computerviren, erpressen Krankenhäuser mit Lösegeldforderungen, bieten völlig untaugliche Mundschutzmasken zu Wucherpreisen an, hauen alte Menschen übers Ohr und leiten lebensnotwendige Hilfsgelder auf ihre Verbrecherkonten um. Das ist schon etwas ganz anderes als die Ordnungswidrigkeit eines Ladenbesitzers, der sein Geschäft öffnet, weil ihm das existenzielle Wasser bis zum Halse steht. Ihm drohen z. B. ratzfatz 5.000 Euro Bußgeld. Hier wurde offenbar der juristische Rahmen schnell ausgeschöpft, wie in den entsprechenden Amts- oder Ministerialblättern dokumentiert ist. Ein vergleichbar konsequentes Vorgehen gegen Pandemiedelinquenten scheint mir da angemessen: Wer eine Pandemie für Verbrechen nutzt, gehört früher oder später und kürzer oder länger hinter Schloss und Riegel.